Die medizinischen Lehrbücher heben beim Fragilen-X-Syndrom (FXS), auch bekannt als Martin-Bell-Syndrom, die kognitiven, somatischen und linguistischen Änderungen hervor, die durch ein Krankheitsbild geistiger Behinderung, Verhaltens- und Sprachstörung
charakterisiert sind, die manchmal mit der Autismus-Diagnose verwechselt werden können. Dabei wird in dieser Arbeit jedoch der Blick von den klinischen Aspekten abgewandt und angesichts der Heterogenität der Sprache mit dem Ziel Stellung genommen, das Sprachschaffen eines mit FXS diagnostizierten, in einen multilingualen Kontext
eingebundenen Kindes ausgehend von der Sprachidentifikation zu diskutieren. Um die Fragen
zu Subjekt und Sprache zu beantworten, wird dafür das theoretische Feld der Theorie der énonciation von Émile Benveniste (2005; 2006) hinzugezogen und bei den Diskussionen über den Spracherwerb die Perspektive von Silva (2009) beachtet, der das Phänomen ausgehend
von der Schnittstelle Sprache, Sprechen und Subjekt erklärt. Es werden einige Daten als Beispiele zur Illustration präsentiert, um die Relation Sprache und Identität beim Sprachschaffen des Subjekts zu bezeugen. Dort können die Kennzeichen der Relation zwischen Subjekt und Sprache während ihres Schaffensprozesses beobachtet werden. Die Untersuchungen suggerieren, dass man trotz der Unregelmäßigkeiten bei der Sprache des mit FXS diagnostizierten Subjekts sich von der reduktionistischen Sichtweise der Pathologie abzuwenden und zu berücksichtigen hat, dass die Symptome bei der Sprache Kennzeichen des Äußerungsprozesses des Subjekts sind und dass es notwendig ist, sich mit der Sprache zu
identifizieren, um sich in ihr zu konstituieren und sich so zum Subjekt in der/durch die Sprache zu machen.